Lebensmittelverschwendung: Was für ein Mist!

Die EU-Kommission sagt der Verschwendung nur halbherzig den Kampf an. Was wir derweil selbst tun können, um Essen zu retten und Geld zu sparen.

Während du diese Zeilen liest, sind alleine in Deutschland ganze 2.100 Kilogramm an Lebensmitteln in der Tonne gelandet. Lies das gerne nochmal (es sind nun schon 3.150 Kilogramm), es wird leider nicht weniger (4.200 Kilogramm). Im Jahr sind das stolze 11 Millionen Tonnen allein in Deutschland, EU-weit sogar die achtfache Menge. Um die Hälfte soll dieser riesige Abfallberg schrumpfen – so besagen die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs), zu denen sich auch die EU bekannt hat. Am 5. Juli 2023 hat die EU-Kommission nun einen ersten Gesetzesvorschlag vorgelegt – und bäckt dabei kleinere Brötchen, als sie könnte und sollte. Die Zielmarke: 10 % weniger Lebensmittelabfälle in der Verarbeitung und 30 % Reduktion zwischen Supermarkt und Kühlschrank. Das ist mehr als nur enttäuschend.

Denn neben Nussschalen oder verschimmeltem Brot wandern tatsächlich Unmengen an genießbaren – teils sogar frischen – Lebensmitteln in die Tonne. Traurige Tatsache ist: Mehr als die Hälfte dieses „Abfalls“ kommt aus privaten Haushalten. Im Schnitt werfen wir Europäer*innen pro Kopf etwa 70 Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg – während weltweit rund 800 Millionen Menschen nicht genug zu essen haben. Absurd, oder?

Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass wir alle etwas tun können. Und das ist dringend notwendig: Denn Lebensmittelverschwendung befeuert den globalen Klimawandel. Wenn wir noch gutes Essen achtlos in die Tonne treten, verschwenden wir wichtige Ressourcen, von denen unser Ernährungssystem abhängt. Land, Wasser, Artenvielfalt und Energie – all das landet gemeinsam mit den Nudelresten im Mistkübel.

Woran’s liegt?

Ob direkt nach der Ernte, bei der Weiterverarbeitung, im Großhandel, im Restaurant oder bei uns zuhause – überall auf dem Weg vom Feld in den Magen landet Essen unnötigerweise auf dem Müll. Ursachen dafür gibt es viele. In der Landwirtschaft etwa müssen Lebensmittel entsorgt werden, wenn es nicht genügend Abnehmer*innen gibt. Was nicht den gewöhnlichen „beauty standards“ entspricht, kommt meistens gar nicht erst bis in den Supermarkt. Stattdessen finden wir dort jede Menge Grünzeug, das durchs halbe Land oder sogar um die halbe Welt gereist ist. Dabei wandert auch bei Transport, Lagerung und Verarbeitung von Lebensmitteln immer ein Teil in die Tonne. 

Viel bleibt auch in Restaurants und Kantinen liegen – denn wer weiß schon, was heute bestellt wird? Wer jedoch die leckeren Reste der zu großen Portion einfach mit nach Hause nimmt, kann hier schon Verschwendung vermeiden.

Am Ende des Tages ist das Ziel aller Unternehmen, uns Verbraucher*innen zufriedenzustellen. Gerade wird dafür auf makelloses Gemüse, attraktive Verpackungen und große Portionen gesetzt. Es ist daher höchste Zeit, dass wir uns wieder auf den wahren Wert unseres Essens besinnen und unser Bewusstsein dafür schärfen, wie viel Arbeit, Energie, Zeit und Ressourcen in unseren Lebensmitteln stecken.

Hilf mit!

Wir bei den Grünen/EFA machen uns für die richtigen politischen Rahmenbedingungen stark, um die Agrarwende zu einem nachhaltigen Ernährungssystem zu schaffen. Von der Ackerfurche über den Bauernmarkt bis in den Kochtopf – überall entlang der Kette müssen wir Essensverluste reduzieren. So hat die EU es auch in der „Farm to Fork“-Strategie beschlossen, an der ich als Schattenberichterstatterin mitgearbeitet habe. Was darin genau geschrieben steht, lest ihr hier.

Ganz allein die Welt retten geht jedoch nicht. Wir in der Politik müssen uns weiterhin für den richtigen Rahmen engagieren – aber es braucht den Einsatz von uns allen, verantwortungsvoller mit unserem Essen umzugehen und Mutter Erde nicht mehr länger ihrer kostbaren Ressourcen zu berauben. Hört sich vielleicht aufwendig an, geht aber ganz einfach – hier sind ein paar Alltagstipps:

1) Einkäufe planen

Plane deinen Lebensmitteleinkauf, bevor du zum Supermarkt fährst! Das funktioniert etwa, indem du vor dem nächsten Großeinkauf einen groben Plan anlegst, was es denn in den kommenden Tagen wann zu essen geben soll. Besonders knifflig: Halte dich an die Zutatenliste, auch wenn die Produkte im Regal noch so verlockend aussehen. Mein Tipp: lieber nicht mit leerem Magen einkaufen!

2) Richtig lagern

Auf die richtige Lagerung kommt’s an – denn Lebensmittel, die unter den für sie optimalen Bedingungen aufbewahrt werden, halten sich länger. Am besten orientierst du dich an den unterschiedlichen „Klimazonen“ im Kühlschrank und schenkst deinem Essen damit ein langes Leben. Es gibt natürlich auch Lebensmittel, die nicht in den Kühlschrank gehören: zum Beispiel Zwiebeln, Knoblauch, Zitronen, Honig oder Olivenöl. Tomaten oder Erdbeeren verlieren an Aroma, wenn sie gekühlt werden.

3) Frisches haltbar machen

Unsere Großeltern haben es vorgemacht, wir können’s auch: Obst und Gemüse kann durch Einmachen und Einkochen, Trocknen oder Einfrieren vor der Mülltonne gerettet werden. So hat man übrigens auch in der kalten Jahreszeit noch was vom Sommer.

4) Essen teilen

Sharing is caring: Teile deine Lebensmittel mit deinen Mitmenschen! Zum Beispiel mit Freunden oder Familie, die sich bestimmt über genießbare Reste freuen. Auch über soziale Initiativen kannst du deine Lebensmittel weitergeben. Da gibt es zum Beispiel die Tafel, die Lebensmittelspenden an armutsbetroffene Personen verteilt. Über Plattformen wie „Foodsharing“ können auch kleinere Mengen an überschüssigen Lebensmitteln in Deutschland, Österreich und der Schweiz weitergegeben werden.

5) Ein Herz für krummes Gemüse zeigen

Unmengen an krummem Obst und Gemüse landen bereits in der Tonne, bevor sie überhaupt das Marktregal erreicht haben. Ist ziemlich oberflächlich, oder? Setze ein Zeichen, indem du bewusst zu „hässlichem“ Grünzeug greifst. Es gibt zum Beispiel verschiedene Gemüsekisten, die aussortiertes Grünzeug liefern, und auch auf Bauernmärkten oder in Hofläden wird man schnell fündig.

6) Riechen, Schmecken, Testen

Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten, macht das erstmal nichts. So mancher Joghurt ist noch Wochen oder gar Monate nach Ablauf des Datums unbedenklich und geschmackvoll. Vertrau auf deine Sinne: Oft ist alleine durch genaues Hinschauen, Riechen und Schmecken zu erkennen, ob das Essen noch genießbar ist. Vorsicht gilt aber beim Verbrauchsdatum („zu verbrauchen bis …“) von Fisch und Fleisch, denn das sollte immer streng eingehalten werden – sonst droht Keimgefahr.

7) Verschrumpeltes Gemüse wiederbeleben

Keine Zeit zum Kochen gehabt und nun ist das Gemüse schrumpelig? Vieles davon lässt sich mit Wasser „wiederbeleben“. Karotten, Pastinaken oder Radieschen kannst du zum Beispiel einfach für ein paar Stunden gekühlt in Wasser lagern – danach sind sie wieder (fast) so knackig wie nach der Ernte! Salat und anderes Blattgemüse lässt sich sogar innerhalb von ein paar Minuten mit Wasser wiederbeleben.

Isst du das noch?

Du kennst all diese Tipps schon und trotzdem sind die Karotten alt geworden? Keine Sorge! Aus hartem Brot, schrumpeligem Gemüse und vielen anderen Restl in der Küche kann man noch die eine oder andere Köstlichkeit zaubern. Schont Umwelt sowie Geldtasche – worauf wartest du also noch?

Rezept:
Reste-Gemüsebrühe

Zu Schade zum Wegschmeißen: Aus Gemüseresten und schrumpeligem Grünzeug lässt sich ganz einfach eine g’schmackige Gemüsesuppe kochen. Man nimmt dafür zum Beispiel Karottenschalen, Zwiebelstücke, abgeschnittene Enden von Lauch, den Strunk vom Staudensellerie oder Wurzelansätze. Verschrumpelte Pastinaken? Immer rein damit!

Das Gemüse wird gewaschen und geputzt, dann alles zusammen mit Salz, Pfeffer und einem Lorbeerblatt in einem großen Topf voll Wasser gekocht.

Die Brühe anschließend durch ein Passiertuch gießen und nochmals abschmecken. Wer sie in kleinen Behältern portioniert und einfriert, hat immer wieder Freude an der eigenen, umweltfreundlichen Kreation!

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