Boden

Von Fruchtbarkeit bis Klimaschutz. Ein Blick in die Welt unter unseren Füßen.

Das Fundament unseres Lebens ist gefährdet – über 60% der europäischen Böden sind in schlechtem Zustand. Dabei sind gesunde Böden wahre Alleskönner und unglaublich artenreich: in einem Teelöffel Erde finden wir schon mehr als eine Million Mikroorganismen. Obwohl sie wichtige Aufgaben erfüllen, wird selten auf sie geachtet. Viel zu oft geht es beim Boden nur um den Gewinn, den man auf ihm erzielen kann.

Alleskönner Boden

Der Boden ist wortwörtlich das Fundament unseres Lebens – auf ihm gehen und stehen wir, auf ihm wächst unsere Nahrung. Doch Böden leisten noch viel mehr. Sie filtern und reinigen Wasser. Sie speichern Nährstoffe und Regenwasser für Wild – und Nutzpflanzen. Sie sind ein Archiv der Geschichte und spielen eine tragende Rolle in Stoffkreisläufen. Kurzum: Böden sind ein wahres Wunderwerk der Natur. Auch unsere eigene Gesundheit hängt am gesunden Boden: Ein funktionierendes, aktives Bodenleben hilft Pflanzen, wichtige Mikronährstoffe aufzunehmen – die wir auch brauchen. Intakte Böden können auch viele Schadstoffe abbauen oder binden. So gelangen sie nicht ins Grundwasser.

Aber was ist Boden eigentlich?

Böden sind, je nach Entstehung, Entwicklung und Nutzung sehr vielfältig. Grundlage ist dennoch immer eine mineralische Bodensubstanz (also Sand, Ton und Schluff). Dazu kommen Wasser, Luft, Milliarden von Lebewesen und Humus. Obwohl gerade in Ackerböden meist nur wenige Prozent Humus zu finden sind, ist er entscheidend: Humus hilft, dem Boden seine Struktur zu geben und speichert Nährstoffe. Dafür braucht es das Bodenleben: Pflanzen durchwurzeln den Boden und hinterlassen später Poren und Futter für Regenwürmer und Mikroorganismen. In einem Hektar gesundem Boden befinden sich bis zu 15 Tonnen an Bakterien, Pilze und Co. Sie bauen Pflanzenreste oder Kuhdung um und bilden so den lebendigen Humus. Sie machen Nährstoffe für Pflanzen verfügbar und wandeln Gestein in neuen Boden um. Die Gesamtheit an Mikroorganismen und ihr Zusammenspiel wird auch Mikrobiom genannt.

Übrigens: so ein Mikrobiom haben wir auch im Darm. Ist das Mikrobiom gesund, ist das gut für uns – genau wie beim Boden.

Gefahr für den Boden

Über die Hälfte der Böden in der EU ist nicht gesund. Gründe dafür sind zum Beispiel Erosion, Bodenverdichtung, Belastung mit Schadstoffen oder eine fehlende Bodenbiodiversität. Das verstärkt sich oft gegenseitig: Mineralische Düngung übergeht das Bodenleben, es hat kein Futter mehr. Pestiziden dezimieren die Bodenorganismen weiter. Dazu kommt noch der Druck durch schwere Maschinen. Die Folge: das Bodenleben stirbt ab, kann Schadstoffe nicht mehr abbauen und keine gute Bodenstruktur mehr aufbauen, der Boden verdichtet. So dringt Wasser wiederum schlechter ein und kann nicht gut gespeichert werden. Stattdessen wird der Boden erosionsanfällig und vom oberflächlich ablaufenden Regen weggespült. Bei Trockenheit kann der Boden Pflanzen nicht versorgen.

Allein der Verlust an landwirtschaftlicher Produktivität durch Bodenerosion kostet uns in Europa 1,25 Milliarden Euro – jährlich. Auch in Österreich geht Boden verloren. Doch das größte Problem hierzulande: jeden Tag werden mehr als 11 ha Wald- oder Ackerboden verbaut. Österreich ist hier trauriger europäischer Spitzenreiter. Die Hälfte davon wird versiegelt und damit das Bodenleben komplett zerstört. Das geht auf Kosten von Natur und Landwirtschaft – die so seit 1960 schon ein Viertel ihrer Fläche verloren hat. Wir ziehen uns selbst den Boden unter den Füßen weg!

Wird’s denn in Zukunft besser?

Durch den Klimawandel sind wir umso mehr auf die Funktionen gesunder Böden angewiesen. Die letzten Dürresommer haben uns gezeigt, wie anfällig unsere Landwirtschaft ist. In ganz Europa wird die Trockenheit zum Problem für die Landwirtschaft – und ein gesunder Boden, der Wasser besser aufnehmen und speichern kann, umso wichtiger. Für die Pflanzen, aber auch weil schlechter Boden bei Starkregen weggespült wird und dadurch erodiert. Doch mit den richtigen landwirtschaftlichen Praktiken kann das verhindert werden.
Übrigens beeinflusst nicht nur der Klimawandel die Böden, sondern auch umgekehrt: In Europas Böden sind etwa 75 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert – umgerechnet in CO2 ist das fast 70 Mal so viel, wie jährlich in der gesamten EU ausgestoßen wird. Dieser Kohlenstoff muss unbedingt im Boden bleiben.

Kohlenstoff im Ackerboden?

Wenn der Kohlenstoff aus dem Boden kommen kann, geht das doch auch umgekehrt? Gerade wird viel über so genanntes „Carbon Farming“ gesprochen. Doch natürlicher Humusaufbau im Acker ist begrenzt: Das Bodenleben im Acker baut Humus nicht nur auf, sondern auch wieder ab – unter anderem, um unsere Pflanzen zu ernähren. Das ist ganz normal. Einfach toten Kohlenstoff in den Boden zu pumpen führt leider nicht zum Erfolg. Leider fokussieren sich alle politischen Initiativen rund um Carbon Farming aktuell nur auf finanzielle Anreize und Zertifikathandel. Wir brauchen aber lebendige, multifunktionelle Böden und nicht toten Kohlenstoff im Acker. Mehr zu den vielen Problemen dieser Gesetzesinitiative könnt ihr z.B. hier nachlesen.

Dennoch brauchen wir die Böden für den Klimaschutz. Wiesen und Weiden sind dauerhaft bewachsen, hier findet sich mehr Humus als im Ackerboden. Die wahren Boden-Klimaschützer sind aber intakte Moore – sie können bis zu 8 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr speichern! Wichtig ist also: Grünland erhalten, Moore schützen und wiedervernässen.

Nachhaltige Bodennutzung ist möglich!

Das Wichtigste ist ein gesunder, lebendiger Boden. Die gute Nachricht ist: Die Bodenstruktur, Fruchtbarkeit und das Bodenleben können wiederaufgebaut werden. Mit einem vielfältigen Anbau, weiten Fruchtfolgen, einem möglichst dauerhaft bewachsenen Acker und einer organischen Düngung mit Festmist, Kompost oder Ernteresten ist ein Ackerbauer auf gutem Wege.
Wie es geht, zeigt seit vielen Jahren z.B. der Ökolandbau. Und wenn wir über den Ackerrand hinausschauen, sehen wir noch mehr Lösungen: Agroforstsysteme speichern zum Beispiel mehr Humus im Boden und sind gleichzeitig besser durchwurzelt, gut für die Biodiversität und es wird weniger Boden einfach weggeweht.

Was tut denn die Politik für die Böden?

Leider noch zu wenig. Dass Boden schützenswert ist, hat die EU-Kommission schon vor fast 20 Jahren erkannt und versucht, eine europaweite Bodenrahmenrichtlinie umzusetzen. Der Versuch ist nach Jahren der Verhandlungen gescheitert. Im Juli 2023 hat die EU-Kommission nun einen Gesetzesentwurf zum Boden veröffentlicht. Erwartet wurden ambitionierte Regelungen zur Bodengesundheit, bekommen haben wir ein Gesetz zu Monitoring und Überwachung des Bodens. Ein Start, aber nicht genug für die Boden-Wende! Als Schattenberichterstatterin werde ich dennoch alles tun was möglich ist, sodass das Gesetz in Zukunft so viel wie es kann zur Bodengesundheit beitragen wird.

Und wofür stehe ich?

Der Boden ist vielfältig, und die Gesetze, die ihn beeinflussen, auch. Doch egal, um welches Gesetz es gerade geht, ich setze mich stets für dieselben Grundprinzipien ein:

Böden schützen und regenerieren

Ohne gesunde Böden gibt es kein Leben. Wir müssen die Böden allein schon erhalten, damit auch unsere Urenkel noch etwas zu Essen haben.

Immer den Boden als Ganzes sehen

Der Boden ist nicht nur Verankerung für Turbopflanzen, Kohlenstoffsenke oder eine endliche Ressource und Spekulationsobjekt. Immer wenn wir uns nur auf einen Aspekt von Böden konzentrieren, riskieren wir, den Rest zu vergessen. Dabei brauchen wir ganzheitlich gesunde Böden – lebendig, fruchtbar und resilient gegenüber dem Klimawandel!

Gesunder Boden ist lebendig

Ohne die Milliarden an Mikroorganismen geht es nicht. Pilzgeflechte liefern Pflanzen Nährstoffe und ein ganzes Heer von Mikrobien baut Pflanzenreste zu Humus und Nährstoffen um. Mikroorganismen können auch zugesetzt werden. Damit sie bleiben, braucht es aber eine schonende Bodennutzung!

Ihr wollt mehr wissen?

Zum Boden gibt es viel zu sagen. Wenn ihr zum Start noch mehr zu Carbon Farming und meiner Kritik daran erfahren wollt, schaut doch mal in meinen Blogartikel, den ich geschrieben habe, bevor die Komission ihren Vorschlag zur Zertifizierung von Carbon Farming & Co veröffentlicht hat.