Tiertransporte: Katastrophale Zustände

Kälber nach monatelanger Odyssee notgeschlachtet 

Tausende Kälber werden in Frachtschiffen über das Mittelmeer transportiert. Der Grund: Unser kaputtes Landwirtschaftssystem. Hier ist es billiger, Kälber in Drittstaaten zu schlachten und dann im Kühltransporter wieder zu importieren anstatt sie in der EU auf zuziehen. Weil das nicht so weitergeht, haben Sarah und die Grünen/EFA sich für einen Untersuchungsausschuss stark gemacht. Dazu war Sarah gestern auch in der ZIB2 zu Gast – den ganzen Beitrag findet ihr hier.

Im Dezember 2020, vor fast genau drei Monaten, legen zwei Frachter in Spanien ab. Das Ziel: Die türkische Küste. Die Ladung: 2.600 Kälber, die dort geschlachtet werden sollten. Es folgte: Eine monatelange Irrfahrt kreuz und quer über das Mittelmeer, nachdem in der Türkei der Verdacht aufgekommen waren, die Tiere seien mit der Blauzungenkrankheit infiziert.

Da die Tiere an ihrem Bestimmungsort nicht ausgeladen werden durften, irrten die beiden Frachter auf der Suche nach Abnehmer*innen von Hafen zu Hafen. Teils ohne die Kälber überhaupt noch mit Futter versorgen zu können. Schließlich durfte einer der beiden Frachter wieder in Spanien anlegen. Seine Ladung – rund 900 Kälber – wurden vergangene Woche notgeschlachtet. Und das, obwohl gar nicht klar ist, ob sie tatsächlich mit der Blauzungenkrankheit infiziert waren. Die Ergebnisse einer medizinischen Untersuchung dazu wurden von der Hafenbehörde bis zuletzt zurückgehalten.

Kein Ende in Sicht 

Währenddessen ist der zweite Frachter immer noch auf dem Mittelmeer unterwegs – seinen aktuellen Standort könnt ihr hier verfolgen. Augenblicklich befinden sich die Kälber in Griechenland, von einer Rückführung nach Spanien keine Spur.

Tausende Kälber auf einer endlosen Odyssee über das Meer, wegen eines unbestätigten Verdachts? So geht das nicht, fordern die Grünen/EFA: Das hat Sarah auch gestern zu Gast in der ZIB2 noch einmal betont. Den ganzen Beitrag könnt ihr noch bis 18. März in der ORF-TV-Thek nachschauen.

Immer und immer wieder gibt es Misstände bei Tiertransporten. Ich bin überzeugt, da gehört ein anderes System her und zwar jetzt!

-Sarah Wiener

U-Ausschuss: Höchste Zeit 

Die Geschichte dieser Frachter ist kein Einzelfall und selbst wenn Kälbertransporte nicht monatelang verloren auf dem Meer herumirren, finden sie immer noch unter erbärmlichen Umständen statt. Oftmals gibt es in den Schiffen kaum frische Luft und zu wenig Platz. So erleiden die Tiere schon auf der Überfahrt – die unter normalen Umständen schon mehrere Tage dauert – Verletzungen.

Zusätzlich sind Futter- oder Wassermangel ein Problem, ganz abgesehen von der Belastung durch hohe Temperaturen auf langen Fahrten im Sommer. Laut EU-Verordnung  dürfen Tiere bei über 30°C nicht mehr transportiert werden.

Doch jeder, der schon einmal in der Julihitze in Richtung Kroatien gefahren ist, weiß, dass der Asphalt dann durchaus bei 40°C regelrecht vor sich hin köcheln kann. Wie kann das noch gesetzeskonform sein?

Dennoch geschieht das alles, weil die EU ein kaputtes Landwirtschaftssystem fördert. Hier ist es schlicht billiger, Kälber in Drittstaaten zu exportieren, zu schlachten und dann im Kühltransporter wieder zu importieren, als sie vor Ort aufzuziehen. Absurd? Allerdings. Weil es so nicht weitergehen kann, haben die Grünen/EFA lange einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema “Tiertransporte” gefordert und im vergangenen Juni auch endlich eine Mehrheit dafür bekommen. Jetzt stehen sie an vorderster Front in diesem Ausschuss und haben auch einige Forderungen im Gepäck.

Exkurs: Was macht ein Untersuchungsausschuss?

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kann vom EP eingerichtet werden und sich entweder einem EU-Organ oder den Behörden eines Mitgliedstaates widmen. Seitdem die Einrichtung solcher temporären Ausschüsse im Vertrag von Maastricht 1992 festgelegt worden ist, hat das Parlament sie zu den unterschiedlichsten Themen einberufen. So zum Beispiel zu Emissionen in der Autoindustrie, den Panama-Papers oder eben seit 2020 zu Tiertransporten. Natürlich kann jetzt aber nicht jedes Mitglied einfach beschließen, einen Ausschuss zu gründen. Dafür braucht es eine Mehrheit innerhalb des Parlaments und die haben die Grünen im zweiten Anlauf für ihren Ausschuss zu Tiertransporten bekommen. Dieser hat im Herbst 2020 seine Arbeit aufgenommen und wird nach Abschluss der Untersuchung einen Bericht zur aktuellen Lage der Tiertransporte vorlegen. Im Gremium dieses Ausschusses sitzt Sarahs Kollegin MdEP Tilly Metz. Mehr darüber findet ihr hier.

I. Beladung ist Transportzeit!

Gleich bei der Definition geht es los mit den Problemen: Was ist überhaupt die Transportzeit? Aktuell wird hier die Beladungszeit einfach außer Acht gelassen und nur die Fahrt auf der Autobahn eingerechnet. Da ist allerdings fatal, denn die Beladung eines mehrstöckigen LKWs mit hunderten Tieren kann im Gegensatz zur Befüllung eines Kofferraums mehrere Stunden dauern. Die Grünen fordern also: Das Be- und Entladen muss in die Transportzeit inkludiert werden, um zu verhindern, dass die Tiere auf viel zu langen Reisen an Futter- und Wassermangel verenden. 

II. Keine Kälbertransporte!

Das sollte eigentlich selbstverständlich sein: Kälber, die noch mit Milch versorgt werden müssen oder Kühe, die kurz vor dem Kalben stehen, sind nicht transportfähig. Die zusätzliche Belastung durch stundenlange LKW-Fahrten ist bedeutet zusätzliches Tierleid. Verboten ist es in der EU dennoch nicht. Kälber dürfen laut Gesetz neun Stunden am Stück transportiert werden, müssen dann jedoch binnen maximal einer Stunde abgeladen und gefüttert werden. Bei hunderten Tiere ist das – wie bereits erwähnt – einfach nicht machbar.

III. Schluss damit!

Gleichzeitig darf man nicht aus den Augen lassen, dass stundenlanges Beladen und Kälbertransporte nur Symptome eines Systems sind, das in seinen Grundzügen nicht funktioniert. Die Grünen treten also dafür ein, Lebendtransporte in Drittstaaten ganz zu verbieten oder nur in strengen Ausnahmefällen zuzulassen.

Ihr Wollt mehr wissen?

Sarahs Kollege Tom Waitz, der auch für die österreichischen Grünen im Parlament sitzt, beschäftigt sich schon seit Monaten intensiv mit dem Thema “Tiertransporte”. Vor einem Monat hat er auch eine zehnminütige Reportage dazu veröffentlicht, die ihr hier nachschauen könnt.

Und falls ihr danach direkt den Drang verspürt, etwas an der Situation zu ändern: Unterschreibt doch die Petition gegen Tiertransporte und unterstützt damit die Grünen in ihrem Kampf für mehr Tierwohl in der EU.

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