Green Deal keine Gefahr für EU-Landwirtschaft – Agrarlobby fährt dennoch weiterhin Diffamierungskampagne

Heutige Diskussion in den Umwelt- und Agrarausschüssen: Von der Agrarlobby bezahlte Studien versprechen wenig Objektivität, Sarah Wiener vermisst ganzheitlichen Ansatz

(Brüssel/Wien) – Auf der Tagesordnung der Ausschüsse für Landwirtschaft und Umwelt im Europäischen Parlament steht heute eine gemeinsame Anhörung zur „Farm to Fork“ Strategie, die Teil des Green Deal ist. Sarah Wiener, Mitglied beider Ausschüsse für die Grüne/EFA Fraktion, erwartet eine schwierige Diskussion, denn zwei der vier geladenen Experten stellen Studien vor, die jeweils die Interessen der Agrarindustrie und der Vereinigten Staaten widerspiegeln und in Auftrag gegeben wurden, um den Green Deal systematisch zu diffamieren.

Die Europaparlamentarierin Sarah Wiener kommentiert: „Erneut zeigt sich hier der Einfluss der Agrarlobby bei der Auswahl der Redner*innen. Welche Kritikpunkte da aufkommen werden, kann man sich schon im Vorhinein ausmalen, denn was da vorgestellt wird, ist weniger Wissenschaft als ein gezielter Versuch, die Bemühungen der „Farm to Fork“ Strategie im Keim zu nichte zu machen.“

So hatte die Studie des US Department of Agriculture, die heute Thema sein wird, schon letzten Herbst mit der Aussage für Aufruhr gesorgt, dass die Umsetzung der EU Green Deal Ziele den landwirtschaftlichen Ertrag in der EU bis 2030 um 7% reduzieren würde. Ähnliches stellt die Studie der Wageningen University & Research fest, die in der Anhörung ebenfalls vorgestellt wird. Auch hier werden die Nachhaltigkeits- und Klimaschutzziele der Europäischen Kommission attackiert. Die Hauptaussage ist dabei stets dieselbe: Angeblich würde die landwirtschaftliche Produktion der EU einbrechen und Lebensmittelimporte aus Drittstaaten würden bedeutsam ansteigen, sollten die ambitionierten Ziele umgesetzt werden.

Tatsächlich geht es der Agrarindustrie aber wohl kaum um einen möglichen Einbruch des Ertrags: Viel eher sieht man die eigenen Profitmargen bedroht und setzt sich nun mit vermeintlich wissenschaftlichen Studien zur Wehr. Eine Taktik, die nicht neu ist: Bereits vor der Abstimmung im Europäischen Parlament zur „Farm to Fork“ Strategie setzte die Agrarlobby auf derartige Studien, um den Green Deal zu unterminieren. Man erinnere sich nur an die geleakte Lobby-Strategie des europäischen Agrar-Dachverbands Copa-Cogeca, die detailliert darlegte, wie Lobbyisten gezielt eben diese (und andere) Studien verbreiten, um jegliche Ambitionen für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaftspolitik zu verhindern.

Sarah Wiener beurteilt diese Taktiken wie folgt: „Es hat mich schon vor der Abstimmung im Europäischen Parlament zur „Farm to Fork“ Strategie verwundert und empört, mit welcher Vehemenz die Agrarlobby falsche Narrative über die im Green Deal enthaltenen Nachhaltigkeits- und Klimaziele verbreitet. Hier jedoch erreichen wir ein neues Level. Ständig werden „neue“ Studien finanziert oder alte Studien aufgewärmt, die dann als Instrument genutzt werden um ewig dieselben sehr einseitig gehaltenen Diskussionen zu führen. Wir dürfen uns nicht länger von Scheinargumenten aufhalten lassen, die eine zukunftsfähige Erneuerung verhindern und den Status Quo zementieren wollen.“

Einen starken Kontrast zu den Einschätzungen der Wageningen University und des USDA stellen dabei die anderen beiden Studien dar, die heute Abend von Experten des Institute for European Environmental Policy (IEEP) und des Institut du Développement Durable et des Relations Internationales (IDDRI) vorgelegt werden sollen. Sie zeigen beide auf, dass ein tiefgreifender Wandel im gesamten Lebensmittelsystem sehr wohl gelingen kann. Dabei reicht es aber nicht aus, an ein oder zwei Stellschrauben zu drehen. Es müssen in allen Teilen des Systems Änderungen umgesetzt werden: vom Boden zum Bauernhof, über die Lebensmittelverarbeitung und den Verkauf bis hin zu den Verbrauchern.

Sarah Wiener kommentiert weiter: „Wenn wir dauerhaften Erfolg bei der Umsetzung der „Farm to Fork“ Strategie verzeichnen wollen, müssen wir natürlich holistisch vorgehen. Leider lassen die von der Agrarlobby gesponserten Studien dies aber ganz gezielt außer Acht: Sie betrachten einseitig nur Änderungen auf der Angebotsseite und beschäftigen sich zum Beispiel nicht mit Änderungen im Verhalten von Konsumenten, die heutzutage dazu bereit sind, weniger und dafür besseres Fleisch zu essen. Sie ignorieren damit völlig den breiteren Kontext, in dem die Ziele des Green Deal eingebettet sind und umgesetzt werden sollen. Von solchen Fake-Argumenten sollten wir uns nun wirklich entschieden und kategorisch distanzieren. Die Agrarindustrie hat die letzten 40 Jahre ihre Chance gehabt und mit einer gewaltigen Bruchlandung sozial, ökologisch und ökonomisch versagt. Es ist an der Zeit für alternative ökologische nachhaltige Modelle.“

Die Anhörung in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und des Ausschusses für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit findet heute Nachmittag von 16:45 bis 18:45 Uhr statt und wird online live übertragen.

Link zur Live-Übertragung der Sitzung:
https://multimedia.europarl.europa.eu/en/webstreaming/envi-committee-meeting_20220125-1645-COMMITTEE-AGRI-ENVI

 

Absender:
Sarah Wiener

Ort:
Brüssel / Wien am 25.01.2022

Schlagworte:
Bodenschutz / Agrar / Gesundheit / GAP

Kontakt

Rückfragehinweis:

Büro Sarah Wiener, MdEP
sarah.wiener-office@europarl.europa.eu
+32 2283 8468

(Karenziert:) Sarah Rogaunig
Pressesprecherin Sarah Wiener, MdEP

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