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Wie die EU die Abholzung des Regenwaldes vorantreibt

Die Kommission hätte die Nachhaltigkeit des Mercosur-Abkommens vor dessen Abschluss untersuchen müssen. Zu diesem Schluss kam vergangene Woche die europäische Ombudsfrau Emily O’Reilly und wirft damit noch mehr Schatten auf einen ohnehin schon umstrittenen Deal. Was das bedeutet und wieso die Grünen diesen Handelspakt seit Jahren verhindern wollen, lest ihr hier.

Der Regenwald brennt. 22.000 Feuer zählte man alleine im vergangenen Juni und eigentlich sollte die Welt in Panik geraten, während ihre grüne Lunge vernichtet wird. Doch außer leeren Versprechen tut sich nichts. Im Gegenteil: Die EU hält etwa trotzdem am Mercosur-Abkommen fest. Seit 2000 wird dieser Handelspakt mit den südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay diskutiert. Im Juni 2019 wurde man sich einig. Fast zwei Jahrzehnte und einmal die Fläche Spaniens an abgeholzten Regenwald später. Dass die Kommission inzwischen mit dem Green Deal eine Vision für ein nachhaltigeres Europa gezeichnet hat, scheint an diesen Verhandlungen vorbeigegangen zu sein.

Schlechte Verwaltungspraxis

Wobei, vielleicht hat man auch einfach absichtlich weggeschaut: Die EU-Kommission wartete nämlich nicht einmal Ergebnisse ihrer eigenen Folgenabschätzungen in punkto Nachhaltigkeit ab, ehe sie den Deal beschloss.

Das sei schlechte Verwaltungspraxis, konstatierte nun die europäische Ombudsfrau Emily O’Reilly. Sie hat den Mercosur-Deal auf Beschwerde von fünf NGOs hin genau untersucht. Ihre Conclusio: Das Abkommen ist das Erste, das vor der Veröffentlichung der Folgenabschätzungen vorgelegt wurde. Und das obwohl die Kommission gerade das Gegenteil versprochen hatte.

Derartige Praktiken, so O’Reilly, bergen das Risiko, die Werte der EU zu untergraben. Und ihr Urteil hat Gewicht: Solle sich die Kommission nämlich nicht an ihre Empfehlungen halten, kann sie einen Sonderbericht an das Parlament verfassen, das dann entsprechende Maßnahmen ergreifen muss.

Der Mercosur-Deal wackelt allerdings ohnehin und das hat gute Gründe. Schon ein oberflächlicher Blick auf dieses Abkommen zeigt, dass es mit dem Green Deal und Nachhaltigkeit kaum etwas zu tun hat:

I. Abholzung – nicht unser Problem?!

Das aktuelle Abkommen hat zwar ein Kapitel zum Thema “Handel und Nachhaltigkeit”, aber mehr als leere Versprechen sind das nicht. Es gibt zwar Verpflichtungen zur “effektiven Umsetzung” von Umweltabkommen, aber keine Konsequenzen bei Nichteinhaltung. Die Rodungen im Amazonasgebiet können so nicht aufgehalten werden. Dem gegenüber steht die im vergangenen Jahr veröffentlichte Farm-To-Fork-Strategie, in der die Kommission schreibt, dass die EU die globale Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit voranzutreiben hat. Das solle bei Abkommen bedacht werden, betont sie außerdem und schließt nur ein Jahr später den Mercosur-Deal ab. Das passt doch hinten und vorne nicht zusammen.

 

II. Kein Platz für Menschenrechte

Unglaublich aber wahr: In den bislang veröffentlichten Dokumenten findet sich keine Menschenrechtsklausel, obwohl das für solche Abkommen eigentlich üblich ist. Damit gibt es kein Instrument, um etwa gegen Menschenrechtsverletzungen im südamerikanischen Eisenerzabbau vorzugehen. Auch die Vertreibung von indigener Bevölkerung zur Expansion von Feldern und Weiden wird in diesem Deal einfach stillschweigend hingenommen.

III. Gift auf dem Teller

Mit der Umwelt steht auch die öffentliche Gesundheit in Europa auf dem Spiel: Brasilien und Argentinien setzen zum Beispiel weltweit die meisten Pestizide ein – darunter einige Giftstoffe, die in der EU längst verboten sind. Mit dem Mercosur-Deal würden wir uns diese gesetzlich verbannten Pestizide wieder zurück auf den Teller importieren. Wieder zurück? Ja, denn ursprünglich werden Giftstoffe – wie etwa Paraquat – in der EU hergestellt. Aber das ist eine andere Geschichte, hier lest ihr mehr dazu.

IV. Tschüss, Landwirtschaftswende 

Wer profitiert eigentlich von dem Deal? Im Mercosur-Abkommen sind zum Beispiel Zollbegünstigungen für Rindfleisch vorgesehen. Damit öffnet man jedoch nur Tür und Tor für die globale Agroindustrie, in der an billiger Intensivhaltung verdient wird. Umweltzerstörung inklusive. Für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, die auf nachhaltigere System wie Weidehaltung setzen, bedeutet das Abkommen dagegen nur noch mehr Konkurrenzdruck. Eine nachhaltige Landwirtschaftswende rückt unter diesen Bedingungen in weite Ferne. Denn wie sollen wir den Übergang zu klimafreundlicher Landwirtschaft schaffen, wenn der Markt zugleich von billigen, umweltschädlich produzierten Lebens- und Futtermitteln überschwemmt wird?

Stoppt Mercosur!

Die Grünen stellen sich deshalb gegen den Mercosur-Deal – und sie sind nicht alleine. Auch europäische Regierungen lehnen eine Ratifizierung des Deals ab: So etwa der französische Präsident Emmanuel Macron oder der österreichische Vizekanzler Werner Kogler. Er schickte Anfang März einen Brief an die portugiesische Ratspräsidentschaft, in dem er erklärte, dass Österreich das Abkommen nicht unterschreiben werde. 

Ihr wollt auch etwas tun? Kein Problem: Rund 450 NGOs haben gemeinsam eine Petition gegen das Abkommen aufgesetzt. Hier könnt ihr unterschreiben.

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