„Der Südtiroler Pestizidprozess zeigt, warum besserer Schutz vor Justizmissbrauch in der EU überfällig ist“

Anlässlich der Fortsetzung des Pestizidprozesses gegen Karl Bär in Südtirol am 28. Jänner fordert Europaabgeordnete Wiener schnelles Handeln auf EU-Ebene gegen sogenannte SLAPP-Klagen, die gezielt eingesetzt werden, um Kritiker*innen mundtot zu machen.

(Brüssel/Wien): Der Pestizidprozess von Südtirol soll diesen Freitag, den 28. Jänner, am Bozener Landesgericht in eine neue Runde gehen. Begonnen hat das alles mit einer öffentlichen Aktion im Sommer 2017: Aktivist Karl Bär klärte dabei gemeinsam mit dem Umweltinstitut München über den hohen Pestizideinsatz auf den Südtiroler Apfelplantagen auf. Die Folge: Eine Anklage wegen übler Nachrede im Herbst 2020, eingereicht von Südtiroler Bäuer*innen und dem Landesrat Arnold Schuler. Von den ehemals 1370 Kläger*innen ist inzwischen aber nur noch einer übrig. Und der ist zum letzten angesetzten Verhandlungstermin noch nicht einmal vor Gericht erschienen, sodass der Termin verschoben werden musste. Jetzt wird besagter Kläger auf richterliche Anordnung von der Polizei zwangsvorgeführt.

Die Europaabgeordnete Wiener kommentiert diese Farce: „Dieser Prozess ist mittlerweile völlig ins Lächerliche abgedriftet, wenn der letzte Kläger jetzt sogar von der Polizei vorgeführt werden muss. Da könnte man fast drüber lachen, wenn es nicht ein derart ernstes Problem wäre, dass Menschen wie Karl Bär in der EU vor Gericht gezerrt werden können, obwohl sie mit ihrer Arbeit Aufklärung betreiben und im Sinne des Gemeinwohls handeln. Diese SLAPP-Klagen sind so weit verbreitet, dass auch das Europäische Parlament bereits Stellung bezogen hat und fordert, dieser Praktik endlich Einhalt zu gebieten.“

Die im November 2021 verabschiedete Stellungnahme des Europäischen Parlaments ruft die Kommission nicht nur dazu auf, ein Gesetz gegen SLAPP-Klagen vorzuschlagen, sondern prangert auch die Konsequenzen dieser Praktiken auf die Rechtsstaatlichkeit an: Derartige missbräuchliche Klagen würden sowohl Meinungsfreiheit als auch das Recht auf Zugang zur Justiz beschneiden. Das Parlament wies aber ebenfalls darauf hin, dass es in keinem EU-Mitgliedsstaat bisher Schutzmechanismen gegen diese Art des Justizmissbrauchs gibt und sich das dringend ändern müsse.

Sarah Wiener sagt dazu: „Ich begrüße sehr, dass diese Problematik spätestens mit dem starken Bericht des Parlaments endgültig auf der Tagesordnung der EU gelandet ist. Denn es ist unglaublich, welch psychischen und finanziellen Strapazen Angeklagten wie Herrn Bär mit diesen Gerichtsverfahren auferlegt werden. Deshalb warte ich gespannt auf den EU-Gesetzesvorschlag, der für das zweite Quartal dieses Jahres angekündigt wurde, und möchte eindringlich an die Kommission appellieren, hier eine starke Vorlage zu bringen. Wir müssen Journalist*innen, Menschrechts- und Umweltaktivist*innen und Nichtregierungsorganisationen endlich effektiv vor SLAPP-Klagen schützen.“

 

Link: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0451_EN.htm

Absender:
Sarah Wiener

Ort:
Brüssel / Wien am 27.01.2022

Schlagworte:
Bodenschutz / Agrar / Gesundheit / GAP

Kontakt

Rückfragehinweis:

Büro Sarah Wiener, MdEP
sarah.wiener-office@europarl.europa.eu
+32 2283 8468

(Karenziert:) Sarah Rogaunig
Pressesprecherin Sarah Wiener, MdEP

Weitere

Ähnliche

Teil der