Allerhöchste Zeit für europäischen Bodenschutz

Gesunde Böden sind buchstäblich die Grundlage, auf der wir leben. Nachdem der Vorschlag der alten EU-Bodenrahmenrichtlinie, welche 2006 von der EU-Kommission vorgelegt wurde, an einer Blockade einer Minderheit der Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, scheiterte, gibt es nun einen neuen Versuch. Im November 2021 stellte die EU-Kommission ihre neue EU-Bodenschutzstrategie vor, in der sie auch einen neuen Gesetzesvorschlag bis 2023 ankündigt. Worum es genau geht, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Wahrscheinlich denken die wenigsten Bürger:innen in der EU regelmäßig daran, wie wichtig intakte Böden für unsere Lebensmittelproduktion, für saubere Gewässer, für Biodiversität, ja sogar für unser Klima sind. Sie sind ein gutes Beispiel dafür, dass die Natur sich nicht einfach durch nationale Grenzen einteilen lässt. Doch in der Gesellschaft müssen wir uns bewusster werden, wie notwendig Bodenschutz ist. Böden sind hochkomplexe Ökosysteme, die wir in der Wissenschaft noch nicht vollständig begreifen. Das gibt auch die EU-Kommission zu verstehen. Allerdings wissen wir genug, um handeln zu können. Derzeit sind beispielsweise etwa 83% der landwirtschaftlichen Flächen mit Pestizidrückständen belastet, 65-75 % sind überdüngt. 970 Millionen Tonnen fruchtbarer Boden gehen in der EU jedes Jahr durch Wassererosion verloren. Genug Erde, um die gesamte Stadt Berlin jährlich einen Meter abzusenken. Das gefährdet die Bodengesundheit, die Lebensmittelproduktion und die Qualität des Grundwassers. 

Wichtig für das Klima

Die Aufmerksamkeit europaweit auf Böden zu lenken bedeutet auch anzuerkennen, dass hier ein Querschnittsthema im Umgang mit der Natur liegt. „Eine verpflichtende und EU-weite Gesetzgebung zum Schutz und zur Wiederherstellung der Bodengesundheit als eine wichtige Maßnahme bei der Bewältigung der Klimakrise ist nach dem Trauerspiel bei der COP 26 ein gutes Zeichen seitens der EU-Kommission, weil das die noch fehlende Verbindung zwischen Klima- und Biodiversitätsschutz und Landwirtschaft darstellt“, erklärt Sarah zur neuen Strategie der Kommission. 

Reisefreiheit für Chemikalien

Bisher sind die Mitgliedstaaten in der EU dafür verantwortlich gewesen, die Böden auf nationaler Ebene zu schützen, doch in kaum einem Mitgliedstaat gibt es eine Gesetzgebung zum Bodenschutz. Außerdem kann die langfristige Vernachlässigung des Bodenschutzes in einem Land zu Schäden in einem anderen Land führen. Agrarchemikalien, wie zum Beispiel Pestizide, können mit dem Wind verbreitet werden, durch Auswaschungen aus dem Boden in Oberflächengewässer geraten und über Fließgewässer längere Strecken zurücklegen. So lassen sie sich teilweise noch Jahrzehnte lang sogar in Naturschutzgebieten nachweisen und vergiften Umwelt und Tiere. 

Bodenerosion kann benachbarte Länder in Flussregionen beeinträchtigen und durch Ablagerungen für große Verschmutzungen durch enthaltene Pestizide und Düngemittel sorgen. Der übermäßige Eintrag von Nährstoffen in Gewässer kann beispielsweise eine große Vermehrung von sogenanntem Phytoplankton in Gewässern verursachen, die das Wasser trüben, den Sauerstoff verbrauchen und das aquatische Ökosystem außer Balance bringen. Treibhausgasemissionen aus der Überdüngung von Böden mit synthetischen Düngemitteln und der Bewirtschaftung von entwässerten Mooren machen ebenso wenig an der Grenze halt. 

Unfaire Produktion

Externe Kosten, wie die der Bodenzerstörung, finden sich bisher nicht in den Kosten unserer Lebensmittel wieder. So müssen nachhaltiger wirtschaftende Betriebe mit jenen auf dem Markt konkurrieren, die Böden ausbeuten. Das ist für faire Wettbewerbsbedingungen im Lebensmittelsektor höchst problematisch. Um allen Landwirt:innen in der EU faire Chancen zur nachhaltigen Landbewirtschaftung zu ermöglichen, benötigt es daher eine gemeinsame Grundlage.

Gleiche Verantwortung, neue Chance

Nach dem endgültigen Scheitern der Bodenrahmenrichtlinie im Jahr 2009, hatte die Kommission zunächst keinen Vorschlag mehr gemacht. Allerdings kündigte sie in engem Zusammenhang mit der Biodiversitätsstrategie des Green Deal eine neue Initiative zum Bodenschutz an. Bereits zu Beginn des Jahres 2021 hatte das EU-Parlament in einer Resolution einen verbindlichen Legislativvorschlag zum Schutz unserer Böden gefordert, gegen die Stimmen der Konservativen, die dies abgelehnt haben. Nun hat endlich auch die EU-Kommission ihre Initiative konkretisiert und in ihrer Bodenschutzstrategie angekündigt, bis 2023 einen Legislativvorschlag zur Bodengesundheit vorzulegen. Das begrüßt Sarah Wiener sehr. Da die kürzlich beschlossene GAP bis zum Jahr 2027 leider kaum wirksame Verbesserungen beim Bodenschutz bringen wird, ist ein verbindliches Bodenschutzgesetz umso wichtiger. Bisher hat gerade die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) eher zu einer Verschlechterung der Böden beigetragen, da sie die Intensivierung fördert, Bodenschutzauflagen zu allgemein formuliert sind und in den Mitgliedstaaten nicht kontrolliert werden. Hier wäre dringend Nachbesserung geboten. Ein Lichtblick sind die Biodiversitätsstrategie für 2030 und das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, das die EU-Kommission im März 2022 vorschlagen will. Darin geht es unter anderem auch um wichtige Zielsetzungen für den Schutz der Moore und Böden.

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