Abstimmung über die Stimmlosen

Über Erfolge bei Tierwohl und was weiterhin nötig ist

Verstöße bei Tiertransporten sind mit viel Leid verbunden und werden auf EU-Ebene nicht ausreichend geregelt. Deshalb erarbeitete der Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit dem Schutz von Tieren beim Transport, kurz ANIT, Empfehlungen, wie die Tiere während des Transportes besser geschützt werden können. Hier erfahrt hier, was genau auf dem Spiel stand und wie es jetzt weitergehen wird. Über die Empfehlungen hat heute das EU-Parlament abgestimmt, wodurch es der EU-Kommission ein Signal setzt und Grundlagen für die Überarbeitung der EU Tierschutzgesetzgebung ab 2023 schafft.

Mal eben in Spanien ein Steak aus Österreich essen? Das hört sich bequem und luxuriös an, doch was hinter den Kulissen passiert, bis das Fleischprodukt in Spanien landet, ist alles andere als das. Wenn wir Fleisch essen wollen, müssen die Tiere dafür nicht nur geschlachtet, sondern in den meisten Fällen auch über weite Strecken transportiert werden. Jedes Jahr werden mindestens 1,37 Milliarden Tiere lebend innerhalb der EU und in Drittländer transportiert, die meisten von ihnen zur Schlachtung. Beim Be- und Entladen sind Tiere häufig Stress ausgesetzt und während des Transports müssen sie häufig Hunger, Durst, Erschöpfung sowie Platz- und Ruhemangel erleiden. Der Transport lebender Tiere birgt auch ernsthafte Risiken für die Gesundheit der Tiere und der Bevölkerung aufgrund der möglichen Verbreitung von Krankheiten. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass der Transportstress das Immunsystem schwächt und die Tiere anfälliger für Krankheiten macht. Bisher hat die aktuelle Tiertransport-Verordnung 1/2005, welche seit 2007 gilt, systematisches Tierleid mittels zu lascher Regeln und mangelnder Kontrollen zugelassen.

Der Realität ins Auge schauen

Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses bestätigt die Missstände, wie Mitgliedsstaaten, aber auch die EU-Kommission, auf ganzer Länge versagt haben, das bisherige Recht auch in der Praxis umzusetzen. 

Verstöße gegen das EU-Recht zu Tiertransporten gab und gibt es regelmäßig und diese sind mit überwältigenden Beweisen auch belegt, aber selten als solche durch die Behörden ernstgenommen. Tierschutzorganisationen haben es schon oft dokumentiert, doch nun bescheinigt auch der Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments, dass von Behörden und der EU-Kommission nicht genug unternommen wurde.

Gründe dafür sind unter anderem die fehlende regelmäßige Datenübermittlung, unzureichend durchgeführte Kontrollen sowie die fehlende Einheitlichkeit und Umsetzung von Sanktionsverfahren. Doch nur das bisherige Recht umzusetzen, wäre angesichts des täglichen Tierleids und der Zerstörung regionaler Wertschöpfung dennoch nicht genug.

Besonders bei Tiertransporten mit Schiffen und bei Exporten außerhalb der EU gibt es Probleme. In diesen Fällen müssen Tiere besonders lange warten, um an den Zielstandort zu kommen. Bei Unglücken haben sie oft keine Chance, einem entsetzlichen und langsamen Tod zu entkommen. Kaum zu fassen ist auch, dass Geflügel, Haustiere, Hasen, Pferde und Fische teils gar keinen oder keinen ausreichenden Schutz unter den bisherigen Regeln haben. Das gilt vor allem für junge Tiere, die noch nicht abgesetzt sind, oder für Tiere gegen Ende der Trächtigkeit. Wenn uns in Europa das Wohl der Tiere wichtig ist, dann müssen wir die bittere Pille schlucken, dass bislang nicht genug getan wurde.

Empfehlungen des Berichts

Die Grüne Fraktion, vertreten durch ihren Schattenberichterstatter Thomas Waitz, konnte sich mit wichtigen Forderungen im ANIT-Bericht durchsetzen. Von besonderer Bedeutung ist der Aufruf, dass jüngere und trächtige Tiere nur noch unter wesentlich strengeren Bedingungen transportiert werden sollen. Damit stimmen die Grünen im Parlament einem Bericht zu, der große Veränderungen empfiehlt. Strengere Kontrollen von Transporten an nationalen und europäischen Grenzen und damit die Bekräftigung des EuGH-Urteils, nach dem die Tierschutzregeln der EU bis zum finalen Bestimmungsort in den Drittländern verbindlich sind, und eine bessere Dokumentation von Verstößen sind weitere wichtige Punkte des Berichts. Zudem empfiehlt der Bericht eine verpflichtende Anwesenheit von Veterinärmediziner:innen für Teilstrecken bei Seetransporten.

Der kleinste gemeinsame Nenner

Das Parlament stimmte heute mit großer Mehrheit für diesen Bericht inklusive der Empfehlungen. Wer sich schwergetan hat mit ambitionierten Vorschlägen waren die Konservativen, die Liberalen und die Sozialdemokraten des EU-Parlaments, welche durch kurzfristig eingereichte Änderungsanträge Forderungen der Grünen verwässert haben. Unter Vorwänden, angeblich Landwirt:innen zu schützen, stellten sie sich gegen wichtige Kompromisse . Somit scheiterte die Forderung der Grünen Fraktion, die Tiertransportzeit auf dem Seeweg auf maximal 24 Stunden zu begrenzen.

Leider hat die konservative Mehrheit auch die Minimalforderungen zur Dauer aller Tiertransporte nicht unterstützt. Eine Begrenzung für Schlachttransporte auf maximal 8 Stunden ist zwar begrüßenswert, reicht jedoch bei weitem nicht aus. Dennoch, die Abstimmung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung zu mehr Tierschutz beim Transport, auch wenn sie hätte viel ambitionierter sein können. Ein wichtiger Fortschritt ist das Verbot von Tiertransporten in Drittländer, in denen die EU Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten werden. 

Auch die maximale Transportdauer von 4 Stunden beim Transport von Hasen, Geflügel und alten Tierrassen ist ein positiver Aspekt. Zudem gilt die Aufforderung an die Kommission, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten, die wiederholt gegen die Vorschriften verstoßen. Weiterhin soll an einem EU-weiten harmonisiertes Sanktionssystem, und an einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gearbeitet werden.  

Handeln, nicht reden

Wenn wir Kleinbauern schützen und Tierwohl fördern möchten, dann sind kurze Transportwege unabdingbar. Das kommt auch der regionalen Wirtschaft zu Gute, denn so können kleine Schlachthöfe und Metzgereien wiederaufleben, und kleine Erzeuger können auf Augenhöhe kooperieren. So hilft es nichts, isoliert von Tierwohl oder Landwirt:innen zu sprechen.. Nun werden sich die Augen auf die EU-Kommission richten, welche im Jahr 2023 einen Vorschlag zu den neuen EU-Tiertransportregeln vorstellen wird. Dabei wird die EU-Kommission die Position des Parlaments berücksichtigen müssen, um genug Unterstützung für den Vorschlag zu erhalten. Die EU-Kommission betonte heute während der Aussprache im Plenum, dass sie bei einigen Punkten jedoch nicht bis 2023 warten werde diese anzugehen.

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