Absolutes Verbot von Reserveantibiotika in Nutztierhaltung
EU-Kommission lässt in überarbeiteter Tierarzneimittelverordnung Schlupfloch für den weiteren Einsatz von Reserveantibiotika zu
(Wien/Brüssel) – Im Januar kommenden Jahres soll eine überarbeitete EU-weite Tierarzneimittelverordnung in Kraft treten. Teil dieser Verordnung sollen auch festgelegte Kriterien sein, die den Einsatz von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung verhindern. Die Grüne EU-Abgeordnete Sarah Wiener, die sich seit Jahren für ein Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung einsetzt, begrüßt den Beschluss prinzipiell, kritisiert aber einen grundlegenden Punkt: „Für manche lebensgefährliche Infektionen und schwere Krankheiten bei uns Menschen sind Reserveantibiotika überlebenswichtig. Deshalb müssen sie ausnahmslos uns Menschen vorbehalten sein. Aus diesem Grund ist es hochproblematisch, dass die Verordnung durch ein riesiges Schlupfloch die Anwendung von Reserveantibiotika weiterhin zulässt. Wenn diese Notfall-Antibiotika weiterhin Nutztieren verabreicht werden, bilden sich immer weitere Resistenzen aus und die Anzahl unserer Behandlungsmöglichkeiten geht irgendwann gegen Null.“ Denn eine Ausnahmeregelung in der Verordnung ermöglicht die Behandlung mit Reserveantibiotika in der Tiermast auch zukünftig, wenn diese von essenzieller Bedeutung für die Tiergesundheit ist. „Diese Ausnahme würde das Verbot somit aushebeln“, warnt Sarah Wiener.
Die OECD hat bereits 2016 auf die Dringlichkeit eines Reserveantibiotika-Verbots hingewiesen: „Antimikrobielle Resistenz ist eine wachsende gesundheitliche und wirtschaftliche Bedrohung und erfordert eine mehrgleisige Reaktion. […] Der Missbrauch von Antibiotika in der Medizin, Tiermedizin und im landwirtschaftlichen Bereich, die unsachgemäße Verschreibung von Antibiotika, deren übermäßige Verwendung in der Viehzucht und unzureichende Hygienepraktiken im Krankenhaus, tragen alle zu dem Anstieg von AMR bei.“[1]
Aus diesem Grund wird der Umweltausschuss Mitte Juli über den, von der Grünen Fraktion eingebrachten, Einspruch gegen die delegierte Verordnung abstimmen. Sarah Wiener kommentiert: „Antibiotikaresistenzen sind eine der größten Bedrohungen unserer Zeit, deshalb müssen jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden. Wir brauchen ein absolutes Verbot von Reserveantibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung, damit auch unsere Kindeskinder eine Chance auf ein gutes Leben haben. Grundsätzlich erfordert das Ursachenvermeidung: Eine Züchtung auf Tiergesundheit statt Anfälligkeit infolge von Hoch- und Höchstleistungen. Dass es auch anders geht, zeigt Demeter. Dort ist der Einsatz von Reserveantibiotika vollständig verboten[2].“
Absender:
Sarah Wiener
Ort:
Brüssel / Wien am 29.6.2021
Schlagworte:
Ernährung / Lobby / Tierwohl /Agrar
Kontakt
Rückfragehinweis:
Sarah Rogaunig
Pressesprecherin Sarah Wiener, MEP
sarahmartina.rogaunig@la.europarl.europa.eu
+43 664 34 10 821
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