Wir brauchen ein absolutes Verbot von Reserveantibiotika in Nutztierhaltung

Heute findet wegweisende Abstimmung im Umwelt- und Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments zur Reglementierung des Antibiotika-Einsatzes in der Nutztierhaltung statt

(Wien/Brüssel) – Weltweit sterben Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken. In der EU sind es jährlich rund 33.000 Personen[1]. Ein wesentlicher Treiber dieser Antibiotikaresistenzen ist der exzessive Einsatz dieser Stoffe in der Nutztierhaltung. Daher hat die Europäische Kommission nun einen Kriterienkatalog[2] vorgelegt, auf Basis dessen definiert werden soll, welche Antibiotika ausschließlich dem Menschen vorbehalten sein sollen. Großer Kritikpunkt ist, dass dieser Katalog die Kriterien für eine Definition als Reserveantibiotikum viel zu hoch ansetzt. Dadurch wäre der Einsatz von vielen kritischen Antibiotika weiterhin auch in der Nutztierhaltung zulässig und nur wenige antibiotische Wirkstoffe dürften ausschließlich in der Humanmedizin verwendet werden. 
Die Grüne Fraktion hat nun einen Einspruch gegen die delegierte Verordnung der Europäischen Kommission zur überarbeiteten Tierarzneimittelverordnung eingebracht. Über das Veto wird heute im Umwelt- und Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments abgestimmt. 

Die österreichische Grüne EU-Abgeordnete Sarah Wiener ist Mitglied des Umwelt- und Gesundheitsausschusses und appelliert, dass Reserveantibiotika weitgehend allein für menschliche Notfallsituationen vorbehalten sein sollen: „Antibiotikaresistenzen sind eine der größten Bedrohungen unserer Zeit. Für manche schwere Infektionen und Krankheiten bei uns Menschen sind Reserveantibiotika überlebenswichtig. Aus diesem Grund ist es hochproblematisch, dass die Verordnung durch ein riesiges Schlupfloch die Anwendung von vielen wichtigen Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung weiterhin zulassen würde und dadurch nur mehr wenige lebensrettende antibiotische Wirkstoffe für die menschliche Anwendung reserviert wären. Wenn diese Notfall-Antibiotika weiterhin Nutztieren verabreicht werden, bilden sich immer weitere Resistenzen aus und die Anzahl unserer Behandlungsmöglichkeiten geht irgendwann gegen Null. Deshalb brauchen wir a) ein absolutes Verbot von Reserveantibiotika in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, die sich nach der Reserveantibiotika-Liste der WHO[3] orientiert und b) Ursachenbehebung: Wir müssen weg von auf Höchstleistung gezüchteten und dadurch krankheitsanfälligen Tieren, hin zu einer Züchtung und Tierhaltung, die die Tiergesundheit im Fokus hat. Dass es auch anders geht, zeigt Demeter. Dort ist der Einsatz von Reserveantibiotika vollständig verboten[4].“ 


[1] European Centre for Disease Prevention and Control (2018). 33000 people die every year due to infections with antibiotic-resistant bacteria: https://www.ecdc.europa.eu/en/news-events/33000-people-die-every-year-due-infections-antibiotic-resistant-bacteria
[3] WHO (2019). Critically Important Antimicrobials for Human Medicine –– 6th rev: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/312266/9789241515528-eng.pdf
[4] Demeter-Richtlinien (2021). S. 61

Absender:
Sarah Wiener

Ort:
Brüssel / Wien am 13.07.2021

Schlagworte:
Antibiotika / Lobby / Gesundheit / Tierwohl

Kontakt

Rückfragehinweis:

Sarah Rogaunig
Pressesprecherin Sarah Wiener, MEP
sarahmartina.rogaunig@la.europarl.europa.eu
+43 664 34 10 821

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